Editorial Februar 2024

Als wir hörten, das FONO FORUM solle eingestellt werden, waren Robert Funk und ich uns einig: Das darf nicht sein! Ein solches Magazin darf man nicht sterben lassen! Robert Funk ist ein langjähriger FONO-FORUM-Leser und hat mit dem Kulturzweig der Funk-Stiftung eine der wichtigsten privaten Institutionen in Deutschland aufgebaut, die Musiker und Projekte im Bereich der Klassik fördert. Ohne ihn wäre die Übernahme des FONO FORUMs nicht möglich gewesen. Mich kennen viele von Ihnen vielleicht noch – ich war bereits von 2015 bis 2020 Chefredakteur. 

In letzter Minute konnte ich den Kaufvertrag unterschreiben, und dann folgte ein ziemlicher Kraftakt. Druckerei, Aboverwaltung, Vertrieb, Post usw. – die langjährigen Partner bleiben uns zum Glück erhalten, aber mit allen mussten neue Vereinbarungen getroffen werden, was viel Bürokratie zur Folge hatte. Dank Feiertagen, Ferien und Coronawelle bekamen wir zum Beispiel die Strichcode-Nummer, die für den freien Verkauf unerlässlich ist, erst zwei Arbeitstage vor Druckbeginn. Es gab Probleme mit den Digital-Abos, das Archiv zur Recherche ist bis heute noch nicht vollständig migriert. Und die Internet-Präsenz mussten wir ganz neu aufbauen. Sie erreichen uns künftig unter: www.fonoforum.com. 

Die Übergabe von der Funke-Mediengruppe bzw. dem Reiner H. Nitschke-Verlag und seiner Geschäftsführerin Martina Herberich lief jedenfalls gut, ebenso die Absprachen mit dem alten Chefredakteur Andreas Kunz und dem Team in Euskirchen. Danke dafür! Und überhaupt für die Arbeit der letzten Jahre!

Auch inhaltlich musste alles in Windeseile neu konzipiert werden. Es gab keine Themenabsprachen, keine CDs zum Rezensieren, kein Text war in Arbeit. So ist das Heft, das Sie in den Händen halten, Ergebnis vieler kurzfristiger Entscheidungen, vor allem in der Rezensionsstrecke. Es ist großartig, dass so viele Autorinnen und Autoren geholfen haben, diese erste „neue“ Ausgabe auf die Beine zu stellen. Vielen Dank dafür! Ich freue mich sehr, dass sie alle dabei bleiben. Denn ihrer Kompetenz und ihrer Erfahrung ist es zu verdanken, dass das FONO FORUM eines der besten und anerkanntesten Klassik-Magazine der Welt ist!

Dennoch: Die Klassik-Landschaft ist in einem grundlegenden Umbruch begriffen, und das FONO FORUM muss sich den veränderten Rahmenbedingungen anpassen. Wir werden nach und nach versuchen, es fit zu machen für die Zukunft. Mit dem klaren Fokus auf die Klassik. Mit einem substanziellen Jazz-Teil. Und weiterhin mit einem kleinen, aber feinen Hifi-Teil.

Das FONO FORUM wird auch künftig über die wichtigen Neuerscheinungen informieren, fundierte Rezensionen bringen, ebenso wie Porträts und Interviews mit interessanten Protagonisten der aktuellen Musikszene. Aber wir werden stärker eigene Themen setzen. Themen, die über das Tagesgeschehen bei den Plattenlabels und den Veranstaltern hinausgehen.

Künftig wird es jeweils ein Schwerpunktthema geben. O Lust des Beginnens!, kam uns für unser erstes Heft sofort in den Sinn. So beginnt ein Gedicht von Bertolt Brecht. Und dann dachte ich: Ein Abdruck wäre noch nicht rechtefrei, anders bei Prokofjew, der jetzt mehr als 70 Jahre tot ist. Dabei ist er einer der jüngsten Komponisten im Kernrepertoire. Was wiederum zur Frage führt, die ich oft zu hören bekomme: Ist die Klassik denn noch zeitgemäß? Braucht die Welt noch ein Magazin wie das FONO FORUM? 

Die Antwort ist beide Male: Ja! Weil es nicht nur darum geht, immer Neues zu produzieren. Sondern auch um „geistige Nachhaltigkeit“, wie es Christian Jost in diesem Heft nennt. Es geht darum, Bewährtes in einen neuen Kontext zu stellen, Vertrautes neu zu befragen und mit dessen Hilfe den Herausforderungen unserer Zeit geistig und emotional zu begegnen. Die Meisterwerke der klassischen Musik will man immer neu spielen oder hören. Wie aufregend (und emotional bereichernd) das sein kann, zeigt wie kaum ein anderer Christian Tetzlaff. Dass man gute neue Musik komponieren kann (und muss), beweist Christian Jost, der uns einen Einblick gibt, wie ein neues Werk entsteht. Und dass die Symphonie mehr ist als eine formale Struktur – vielmehr philosophische Fragen aufwirft – erschließt Volker Tarnow in seinem Essay über symphonische Anfänge.

Wir haben viel Solidarität erlebt und erleben sie immer noch in unserem Versuch, das FONO FORUM weiterzuführen. Damit das Projekt auch wirtschaftlich funktioniert, brauchen wir eine stabile Abonnentenbasis – was heißt: Wir freuen uns über jede neue Abonnentin und jeden neuen Abonnenten! Je größer unser Abonnenten-Stamm, desto unabhängiger sind wir von Anzeigen und damit auch von den (durchaus verständlichen) Wünschen der „Klassikbranche“.

Die Plattenfirmen und Veranstalter sind unsere Partner. Ohne die Labels bekämen wir gar keine CDs oder digitale Veröffentlichungen zu hören. Ohne die Veranstalter könnten wir keine Konzerte und keine Festivals besuchen. Aber eine gesunde Unabhängigkeit ist dennoch sehr wichtig. Sie erst ermöglicht es uns, auch Themen abseits des Gängigen zu bringen. Deshalb: Werben Sie Abonnenten. Oder spenden Sie Abos, zum Beispiel an Musikschüler. Wir werden dazu rasch ein Programm aufbauen.

Das FONO FORUM kann eine großartige Plattform sein für gute Musik. Nach und nach werden wir unsere Internetpräsenz erweitern, aber der Kern soll die gedruckte Ausgabe bleiben! Lassen Sie uns gemeinsam versuchen, unsere Begeisterung in ein spannendes, interessantes, anregendes Magazin umzusetzen. Helfen Sie uns durch Anregungen, Ideen, gern auch Kritik. In der nächsten Ausgabe werden wir Sie konkret nach Ihren Wünschen und Ideen befragen. Bitte bleiben Sie uns gewogen! 

Nach dieser langen Vorrede wünsche ich Ihnen nun viel Vergnügen mit dem neuen FONO
FORUM.

Ihr Arnt Cobbers